Schildkröte
3/4. April 2004 in Berlin

Schildkröte - Caretta caretta

C 2

V7
Gesicht, Gefühl wie gelähmt, links
Gesicht, Schmerz, links
Gesicht, Schmerz, links, vor allem um das Auge und das Jochbein, als ob der Schmerz an der Nase runtergeht
Gesicht, links, Gefühl als ob sich die Gesichtsform auf dieser Seite verändert
Nase, die Luft durch das linke Nasenloch ziehen tat weh, als ob die Luft zu kalt wäre

Erinnerung an den letzten Sommer, ich besuchte ein Visionstanz-Camp, an dem die Schildkröte sehr beachtet wird. Auf der Rückfahrt waren wir zu dritt im Auto, am Brenner schauen wir aus dem Auto und sehen am Himmel eine riesige Schildkröte, eine Wolke. Sie stand zwischen zwei Bergen. Uns stockte der Atem.
Montag gehe ich wieder zu diesem Camp in die Toscana und ich hatte das Gefühl von "Endlich", als wenn sich ein Kreis schließt. Diese Schildkröte, die ich damals gesehen habe, und jetzt fahre ich wieder......
Vor einigen Jahren habe ich selber eine Schildkröten-Verwandlung zwischen Wachen und Schlafen erlebt.
Das Geräusch des Mörsers ist jetzt sehr angenehm, aber so traumartig. Gefühl, daß ganze Universum im Mörser zu haben. Ich sah mich übergroß und rührte die Welt in der Schüssel, das war sehr selbstvergessen. Das Geräusch war wie eine Klangschale, es hatte etwas Feines. Es gab schöne Muster, manchmal war es wie löchrig. Die Schildkröten sagten, daß man einfach weiter rühren muß, man muß es einfach tun.
Es ist ein langer Weg, und überhaupt auf dem Weg zu sein. Es ist ein langer Weg, den die Schildkröte schwimmt und für mich gab es die Einsicht in das derzeitige Tun. In diesem Augenblick, das hat mich sehr berührt. Getragen ist es von einem Gefühl für die Richtigkeit der Strömung. In der richtigen Strömung zu schwimmen, sagt die Schildkröte, darauf kommt es an. In dem Moment wurde ich ratlos und zornig, dachte mir, wieder so eine blöde Antwort. Das ist doch das Schwierigste, die richtige Strömung zu finden. Alles, was vorher noch angenehm gewesen war, kehrte sich plötzlich um und ich bin richtig wütend geworden.  Die Schildkröten lachten und lachten und paddelten weiter. Ich aber war so zornig, daß ich mich vor Wut an dem Wasser verschluckt habe, an meinem Lebenselexier selbst verschluckt habe. Es blieb mir nichts anderes, als weiter zu paddeln, Diesen Weg. Es weiter zu tun.
Es kam das Wort "Würde", aber eine hohle Würde. Was ist das für eine Würde, wenn man sich ein Bein abschneiden läßt und nicht kämpft? Die Schildkröten sagten, daß sie nicht an dieser Front kämpfen würden, sondern einfach weitergehen würden. Das hat mich in diesem Augenblick sehr weich gemacht.
Sie sagten, daß sie mit den Kamelen verwandt sind, die Kamele sind die Schildkröten der Wüste. Es gibt eine Verwandtschaft in dem "aushalten-können" und in dem "lange leben können" und "hinnehmen können".
Der Weg geht weiter und weiter, aber es ist so freudlos, ich fühle mich hohl.
Möchte mich aufrichten, am liebsten wäre ich aufgestanden.
War müde, schwer und unzufrieden am Ende
 

V8
Zuerst habe ich mich unwohl gefühlt, war unentspannt und habe mich geärgert.
Im Mörsergrund  habe ich viele Bilder gesehen, zuerst ein Gesicht, dann ein Schaf, ein Haus, ein Mensch.
Das Reiben fühlte sich weich und harmonisch an. Es klang, wie Musik.
Dann wurde ich lustlos, habe die Augen zugemacht, ich sah einen Wasserstrudel, mit einer großen Öffnung, der sich weit und tief herunterzog und immer enger und länger wurde. In den bin ich hinein, der drehte sich und ich habe mich gedreht, daraufhin wurde es mir schlecht und schwindelig. Ich sah viele Dinge, konnte sie aber nicht erkennen.
Neben mir sah ich einen anderen Strudel, in dem eine Schildkröte auf dem Bauch lag, waagrecht. Sie drehte sich viel langsamer.
Ich habe mich dann auch auf den Bauch gelegt, es wurde dann langsamer. Ich konnte meine Bewegungen steuern, die Übelkeit war dann weg.
Ich dachte, vielleicht geht es hier um Kontrolle. Wenn ich die Kontrolle verliere, mich senkrecht drehe, daß ich das nicht mag. Dann habe ich mich senkrecht hingestellt und gedreht, wie verrückt und es wurde mir wieder schlecht. Dann kam der Gedanke: Nein, ich will das schon beeinflussen. Ich will hingehen und die Dinge näher betrachten und nicht einfach bloß vorbeirauschen. Dann habe ich mich wieder auf den Bauch gedreht, das war angenehm,
Dann habe ich mich hingestellt und die Augen zugemacht. Ich hatte dann das Gefühl, von oben aus der Luft herunterzufallen. Die Geschichte von der Schildkröte fiel mir ein, die auf dem Bauch liegt. Ich habe mich dann beim Fallen wieder auf den Bauch gelegt und alles wurde wieder langsamer, ich konnte mir die Dinge näher anschauen, die vorher noch vorbeisausten. Das war ein gutes Gefühl für mich.
Man braucht sich nur auf den Bauch zu legen, dann ist alles klarer und ruhiger und viel bewußter.
 

V9
In seiner Beständigkeit ist alles immer neu.
Ich sah ein Bild, in dem kleine Schildkröten in einem Netz gefangen wurden.
Dann kam der Satz: "Die Schildkröte ist schlicht, sie braucht keine großen Worte, um ihre Weisheit mitzuteilen."
Schlicht in ihren Worten und in ihrem Wesen, aber nicht einfach oder oberflächlich, sondern tief und weise in ihrer Schlichtheit.
Sie braucht keine ausführlichen, ausschmückenden Worte und auch kein rasantes Leben. In dem Moment war es mir absolut genug, hier zu sitzen und zu verreiben. Es hat mir genügt, ich war ganz erfüllt, ich brauchte keine besonderen Geschichten oder Bilder.
Die Qualität der Schildkröte ist die, wie sie im Zen oft beschrieben wird: Sitze, wenn du sitzt. Steh, wenn du stehst und Gehe, wenn du gehst! Die Qualität ist, im Augenblick zu sein, daß können wir von ihnen lernen.
Abdomen, Enge <
Mein Bauch durfte nie eingeengt sein, ich mußte immer Platz habe.  Darum habe ich die Schildkröten gefragt, was mit ihrem Bauch ist. Sie meinte, daß ich selber drauf kommen solle. Ich denke, daß wenn sie auf den Rücken fällt und der Bauch nach oben zeigt, es für die Schildkröte den Tod bedeutet. Sie kann sich von alleine ja nicht umdrehen.
Ich fragte sie, ob in ihrem Bauch auch die Gefühle sind und es deshalb so schlimm ist, wenn sie auf den Rücken fällt, daß dann die Gefühle nach außen offen sind. Sie antwortete mir, daß es bei ihr nicht so wäre, aber bei den Menschen die Gefühle im Bauch sind, bei ihr ist der Bauch gepanzert. Auf meine Frage, wo denn bei ihr die Gefühle sind, hat sie mir ein Lied gesungen (es war aus Tabaluga /Peter Maffay von der Meeresschildkröte Wasara?)
V9 singt: Von außen bin ich hart wie Stein und doch hat man mich oft verletzt, irgendwo tief in mir bin ich ein Kind geblieben. Erst dann, wenn ich`s nicht mehr spüren kann, weiß ich, es ist für mich zu spät- zu spät...

Ich bin die ganze Zeit nicht so richtig bei der Sache, im Vergleich zu den anderen Substanzbegegnungen bin ich abgelenkt, nicht von außen, sondern von mir selber. Heute morgen dachte ich, ich habe keine Lust. Das ging mir noch nie so bei einem Seminar von V1. Ich hatte mich auch total gefreut mitzumachen, aber so richtig rein kommen tue ich nicht. Ich weiß auch nicht wieso.
 

V10
Ich war mit der Schildkröte mitten drin im Meer, ganz weit draußen, wo sonst überhaupt nichts war, außer Wasser.
Gefühl von schutzlos sein
Gefühl von ausgeliefert sein, da nutzt der Panzer überhaupt nichts, wenn sie so weit draußen ist.
Dann mußte ich an einen Mann mit amputiertem Finger denken, den ich heute früh im Bus sah.
Gefühl von Ausgeschieden-sein, Nutzlosigkeit, Was mache ich hier eigentlich? Was ist hier los?
Der körperliche Schmerz läßt sich einfach wegdrücken, aber der Schmerz im Gefühl macht taumelig und schwindelig.
Gefühl, kein Land in Sicht
Gefühl, keine Orientierung zu haben
Gefühl, ganz alleine auf der Welt, was kann mich dann noch halten? Es gibt eigentlich gar nichts!
Ich habe dann in die Schüssel geschaut und da war nur weiß, nur weißes Licht, aber schneeweiß!
Als ich die Tarantel verrieben habe, war es umgekehrt. Da war ich wie in einem schwarzen Loch. Das Licht und Schatten-Thema hat vielleicht auch etwas  mit der Schildkröte zu tun.
Alles wurde heruntergeschaltet, die Schildkröte trieb immer kraftloser im offenen Meer. Ich habe mich wie leer gefühlt, frei und nur noch treiben lassen und das Gefühl, irgendwann werde ich schon ankommen. Das war okay.
Nur das weiße Licht hat mich verrückt gemacht. Ich habe mich senil gefühlt.
Phasenweise hatte ich das Gefühl von einem Abdriften, wie ein Hinüberdriften in eine andere, unreale Welt.
Das ewig Weiße war schlimmer, als das Dunkle. Es war so farblos, man hat nichts mehr gesehen. Wenn die Schildkröte ewig im Meer ist, muß es ihr auch so gehen.
Man kann nur abwarten, bis Land in Sicht kommt oder einem etwas begegnet, was ablenkt.
Hals, kratzen heftig, trockene Luft
Augen, alles verschwommen gesehen, wie schielend, wie benebelt, wie weg geträumt
Dann guck ich in den Mörser und sehe wieder die weiße Farbe und dachte, jetzt werde ich verrückt. Ich bin dann aufgestanden und am Ort gelaufen, das haben alle Männer in der Gruppe gemacht, das habe ich beobachtet.
Es tat mir gut,  Bewegung und Ablenkung tun gut.
Ich habe die Schildkröte gefragt, was sie braucht. Sie sagte, wie die Menschen den Boden unter den Füßen brauchen, brauchen wir so etwas Ähnliches auch, immer wieder.
Dann kam auch das Land und als das kam, kamen plötzlich wieder alle Farben!
Dann kam ein riesiger Lebensmut, ich spürte eine Energie, die vom Becken ausging, die ganze Wirbelsäule entlang, so wie Kundalini-Energie. Sie hat alles lebendig gemacht.
Danach war das große Fressen angesagt, dann rauf auf die Korallen, Da kam das Leben wieder, die Fröhlichkeit, das Herumtollen, die Realität war wieder da.
Wenn sich die Schildkröten auf diesen langen Weg machen, das ist unglaublich. Sie können sich nur darauf verlassen, daß irgendwann einmal Land in Sicht sein wird, sie irgendwann einmal ankommen werden.

V1
Für mich war es unglaublich anstrengend, ich bin total müde, bleischwer.
Gefühl, ich kann mit allem verschmelzen.
Ich hätte mit den Bäumen verschmelzen können, mit Menschen, aber doch ein Stück weit auch ich selbst bleiben. Ich könnte fühlen, wie eine Kiefer, aber ich wußte, daß ich in der Kiefer immer noch V1 bin. Ich verliere mich nicht. Es ist V1 als Kiefer, aber die Kiefer weiß noch, daß sie V1 ist.
Das Verschmelzen wird von meiner Umwelt immer mißverstanden. Es kommen so viele Forderungen von außen. Wenn ich beginne, zu verschmelzen, z.b. in Partnerschaften, kommen ganz viele Forderungen. Das wird mir einfach zuviel, denn es ist von mir gar nicht so gemeint.
Ich kann mich in Identitäten von anderen Menschen bewegen, Das Zentrum war, ich möchte dann aber auch geliebt werden. Ich mache schon was, wenn jemand etwas möchte. Ich gehe Milch holen, wenn mir jemand sagt: Geh Milch holen! Aber ich möchte nicht, daß man mich dann so behandelt, als würde es mich nicht mehr geben.
Das Verschmelzen mit allen ist unglaublich verwirrend für mich, ein großes Durcheinander. So ähnlich wie V8 es beschrieben hat, mir wird dann auch schwindelig. Es ist wenig Distanz zu den Dingen.
Ich weiß oft nicht, wie ich mich verhalten soll. Und deshalb habe ich ein großes Verlangen, mich zu verstecken. Darum habe ich mich irgendwann entschieden, daß ich einfach einen Panzer mache, dann bin ich sicher, daß ich mich immer irgendwo verstecken kann. Mir wird es sonst zuviel. Jemand sagt, geh Milch holen und ich gehe Milch holen. Ein anderer sagt, spring über diesen Zaun usw.
Ich weiß immer, daß ich V1 bin, trotzdem mache ich immer irgendwelche Dinge für Andere. Es ist auch okay selbstlos zu sein, aber ich möchte, daß die Leute mich auch dafür lieben.
Wenn ich den Horizont erblicke, geht es mir gut.
Lichtschimmer zu sehen tut gut. Vielleicht geht es um ein Ziel, was du (?) gesagt hast mit diesem Baum. Ich sehe etwas und das ist wichtig für mich.
Dann ist diese Bleischwere gekommen und ich habe mich auch wie anästhesiert gefühlt. So, wie du (V10) es beschrieben hat, diese Farblosigkeit. Als wir Milche verrieben haben, kam immer so etwas von Drogen. Wir hatten das Gefühl zu fliegen, alles in Farben zu sehen, um mich dreht sich die Welt usw.
Das hier war aber eher, wie ich mir eine Anästhesie vorstelle, wie scheintot. Keine Farben. Ich spüre mich nicht mehr richtig. Man kann mir einen Finger abschneiden, ich werde erstaunt sein, aber ich werde es nicht fühlen. Dabei aber auch so eine Verzweiflung, Weshalb? Wieso schneiden die Menschen mir einfach einen Finger ab, auch für mich als Mensch. Zu Schreien wäre eine viel zu große Anstrengung. Ich weiß, es wird oft von mir erwartet, aber es ist einfach so schwer, mich in diesen Zustand des Schreiens zu katapultieren.
Es ist total schwierig, zu spüren, was ich möchte. Anstrengend, mich selbst zu sein. Weil das so anstrengend ist, ist es auch schwer für die anderen, mit mir zu sein. Ich spüre, daß ich total kompliziert bin und die Leute nicht verstehen, wieso ich so oder so bin. Das macht mich ganz verrückt und es beginnt dann auch zu drehen in meinem Kopf. Alle sehen, daß irgend etwas mit mir nicht stimmt. Schildkröte heilt es, wenn man als Mensch das Gefühl hat, man kommt in einen Raum und alle sehen es schon: Man ist zu dünn oder zu dick, das ist so die Vorstufe. Wenn man einen Zustand indem, daß man die äussere Form verändert nicht halten kann, dann wird er noch schlimmer.
Samenleitern oder Nebenhoden, ziehen (Denke Schildkröte hat nicht direkt mit den Keimdrüsen, aber mit Geschlechtlichkeit, Geschlechtsapparat zu tun)
Gefühl, ich bin ein hoffnungsloser Fall  (Ich habe mich schon so lange entschieden für diesen Panzer, jeder sieht ihn, keiner wird mir helfen können)
Gefühl, es ist eine Folge einer Fehlentscheidung, die ich mal getroffen habe. Ich weiß nicht, wie ich weiterleben soll.
Haß auf mich selbst, daß ich das nicht weiß
Was immer wieder kam: Ich habe das für jemanden anderen getan. Als Schildkröte habe ich mir diesen Panzer zugelegt, damit jemand anderes weiterkommt. Damit jemand anderes leicht sein kann, schnell sein kann. Ich wußte auch nicht wer es ist.
Gefühl, es wäre zu schlimm gewesen für andere, daß zu übernehmen, deshalb habe ich es als Schildkröte übernommen.
In der Evolution, im Karbon vor 360 Mill. Jahren gab es irgend etwas, was zu schwer war zu tragen für andere Lebewesen. Da haben die Schildkröten beschlossen, das zu übernehmen, diesen Job zu machen.
Dann kam wieder: Okay, ich habe es übernommen, aber ich möchte dafür geliebt werden.
Ich spüre mich nicht mehr richtig, aber ich möchte das Menschen gut sind zu mir, denn es ist gut was ich mache. So ein großer Glaube an das Gute.
Jochbein, links, seltsame Taubheit, unter dem Auge



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